Das kriegen wir geregelt! - Teil 1

Wie lässt sich nun all das gesagte auf eine Sendung wie Toto & Harry anwenden? Wie lässt sich trotz aller meiner Einwände das Konzept Gouvernementalität operationalisieren? Einerseits schwebt mir die Möglichkeit einer historischen Herangehensweise vor, die verdeutlichen könnte, dass es auch anders möglich wäre, dass man keine Polizisten bräuchte, weil es dann auch keine Delinquenten gäbe. Das ist natürlich unbefriedigend, weil die Polizei zwar auch anders möglich wäre, aber so ist, wie sie geworden ist.

Stattdessen möchte ich das erste Kapitel des Toto & Harry Buches ‚Das kriegen wir geregelt!’ (Hellblau Verlag, Essen; ohne Jahr!) anhand eines gouvernementalen Aspekts untersuchen: Wo wird hier aus dem Wissen um das, was ein ‚echter Kerl’ ist, eine produktive Praktik gemacht, und damit zugleich gesagt, dass ein guter Kerl ein guter Polizist ist und umgekehrt? Wie gesagt, möchte ich dies auf das erste Kapitel anwenden, um zu sehen, ob es funktioniert, und dann gegebenenfalls die anderen Kapitel anders bearbeiten. Auch meine Methode ist kontingent und könnte anders sein.

Das Buch im A3-Format hat 191 Seiten und ist in sieben Kapitel unterteilt. Die Texte sind in recht großer Schrift geschrieben und von vielen, oft doppelseitigen Bildern aufgelockert. Auf den ersten Seiten zeigt eine Karte von Bochum die wichtigsten Orte der Stadt und für Toto und Harry.

Das erste Kapitel beginnt mit der Beschreibung des Dienstbeginns, des Anziehens der Polizeikleidung und der Ausrüstung. Bereits auf S. 14 stellt Toto fest, dass man vor einem ordentlichen und gepflegten Polizisten mehr Respekt habe. (Vor ungepflegten habe man also mehr Angst?!) Da Harry beim Bund war, ist er besonders ordentlich (S. 16). Ordnung muss also sein, und ist Voraussetzung für einen guten Polizisten. Aber die Ordnung ist vielmehr eine Selbstordnung, denn schnell fällt auf, dass der Umkleideraum seit Monaten nicht mehr geputzt wurde, die Ausrüstung zum Teil privat finanziert wurde, und überhaupt der Staat kein Geld habe, für seine Angestellten ausreichend zu Sorgen. Trotzdem ist für Toto und Harry ihr Job eben mehr als Staatsdienst, weshalb sie gerne über solche Mängel hinweg sehen und ihre Aufgaben unermüdlich und dienstbeflissen erledigen: Sie arbeiten für ein höheres Ziel, nämlich Recht und Ordnung in Bochum! Diese Konstellation zieht sich durch das ganze Kapitel, und selbst der Amtsarzt hat seit 30 Stunden Dienst und arbeitet trotzdem noch konzentriert weiter. Schließlich geht es um mehr.

Dass es den Beiden unangenehm ist, Waffen zu tragen, soll sich von selbst verstehen. Aber man weiß ja nie. Es verwundert, dass trotz der Ablehnung von Gewalt – außer im Notfall – die Pistolen ‚SigSauer P6’ genau beschrieben werden: „Totos Waffe mit der Nummer 7440767 ist schon 24 Jahre alt, für neue fehlt auch hier das Geld.“ (S. 18) Sicherheit geht vor, nicht zuletzt aus Angst vor dem Unbekannten, das da kommen möge. Nur ein ordentlicher Mann hat Recht, und nur ein rechter Mann kann für Ordnung sorgen.

Abgesehen davon, dass Prostituierte im folgenden politisch inkorrekt als ‚Huren’ bezeichnet werden (S. 21ff.), funktioniert das Buch wie die Fernsehsendung, weil sie die Anwesenheit des Autors der Zeilen – dem Journalisten Frank Schneider – nicht verheimlichen, sondern in das Dispositiv der Sendung integrieren. Dieser Versuch, Authentizität zu schaffen, scheint angebracht. Auch deshalb werden Toto und Harry bei kleineren Delikten zwar als nachsichtig, bei Straftaten aber als unerbittlich dargestellt. VfL-Fans sind eben sowieso auf der guten Seite, da kann man mal ein Auge zudrücken. Letztlich sind aber alle Delinquenten einsichtig, niemand wagt, die Polizei grundsätzlich in Frage zu stellen.

Vielleicht hat auch einfach niemand Foucault gelesen.

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Selbsttechnologien Medientechnologien

Projektarbeit für das Seminar Medientechnologien/ Selbsttechnologien, Prof. Dr. Eva Warth und Hanna Surma, an der Ruhr-Universität-Bochum, Wintersemester 2005/2006 - Sommersemester 2006

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