4.1 Das Buch

Sonntag, 23. April 2006

Das kriegen wir geregelt! - Teil 3

Der Rest des Buches umfasst Interviews, in denen Toto und Harry ihre gemeinsame Geschichte erzählen, von besonderen Einsätzen berichten und die Idee darstellen, ein Fernsehteam Aufnahmen machen zu lassen. Um die Authentizität dieser Aussagen kann und soll es hier nicht gehen. Stattdessen möchte ich einige interessante, für mein Thema relevante Aspekte herausheben.

Dass Toto und Harry sich nicht nur als Rechtspfleger und Ordnungshüter, sondern als gute Menschen in Szene setzen – oder das vielleicht sogar sind, was auch immer das sein mag… - wurde bereits deutlich. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Anleihen an der St. Martins-Geschichte, wenn Toto berichtet, wie er seine Altkleider einem stadtbekannten Obdachlosen überlässt. Der Aufgabenbereich der Polizei, der rechtlich festgelegt ist, wird so ausgeweitet auf die Sorge um andere, die zu Policey-Zeiten noch aus der Sorge um sich bestand. Dieser Prozess soll aber nicht nur durch die Polizei stattfinden, sondern sich auf alle Bürger ausweiten und so das früher vorhandene Gemeinschaftsgefühl stärken.

Toto und Harry stoßen allerdings auf Widerstand – bei der Polizei. Einige Kollegen sind, wie sie berichten, nicht erfreut über den TV-Ruhm der beiden, und gleichzeitig kritisieren sie die ‚offene und herzliche Art’ der beiden Fernsehstars. Die Autorität der Polizei scheint so untergraben zu werden, zumindest liegt dieser Verdacht nahe. Trotzdem beharren Toto und Harry darauf, dass Überzeugungskraft nur durch solches Verhalten wirksam sei, und das wäre wichtiger als Gewalt. Interessanterweise wird an dieser Stelle aus dem Interview ein Geständnis, in dem die beiden jeweils ehrlich die – durchwegs positive – Meinung zum anderen verkünden.

Toto und Harry sind ein starkes Team. Und das sind sie nur, weil sie sich nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf den anderen verlassen können: „Eine unserer großen Stärken ist das blinde Verständnis zwischen uns. Nach jahrelanger Erfahrung brauchen wir bei den meisten Einsätzen nur eine Geste oder einen kurzen Satz, und die Aufgaben-Verteilung zwischen uns ist geklärt. […] Wir sind ein eingespieltes Team, das ich immer wieder gerne mit einem alten Ehepaar vergleiche.“ (S. 160)

Dass Toto und Harry die Polizei als „Dienstleistungsunternehmen“ (S. 169) betrachten, passt natürlich bestens in mein Konzept, ist aber so offensichtlich, dass es langweilig wäre, dies zu vertiefen. Außerdem habe ich gerade keine Lust, weiter zu schreiben, und möchte auch mal ausprobieren, ob es klappt, das zu sagen.

Das kriegen wir geregelt! - Teil 2

Im zweiten Kapitel erzählen Toto und Harry abwechselnd von ihrer Berufswahl und ihrer Ausbildungszeit. Dabei wird eine durchaus kritische Perspektive auf die Disziplinierungen der Polizeiausbildung geworfen: „Doch plötzlich trugen alle eine Uniform und damit verschwand irgendwie das Individuelle, das die einzelnen Menschen zuvor noch ausgemacht hatte.“ (S. 63) Am Ende ist jedoch deutlich, dass viele Disziplinierungsmaßnahmen zwar hart, aber notwendig gewesen seien.

Man könnte die beiden Texte als Narration der eigenen Vergangenheit bezeichnen, die rechtfertigt, warum aus der Vergangenheit eben diese Zukunft entstanden ist.dp8_thumb Letztlich stellt sich heraus, dass alle Entscheidungen richtig waren, weil sie zum gegenwärtigen Zustand geführt haben, und der ist gut, wenn Toto und Harry sind glücklich mit ihrem Beruf, trotz aller Misslichkeiten. So schreibt Harry, dass er gerade deswegen Polizist geworden sei, weil er immer schon Freund und Helfer sein wollte, und dies als Kind auch in Polizisten gesehen habe.

"Ich fühlte mich total zurück versetzt in meine Schulzeit. Jeder hatte sein eigenes Pult, einen Stift und die Testunterlagen vor sich. Sonst nichts. Und vorne waren die stechenden Augen des Prüfers.“ (S. 54)

Samstag, 22. April 2006

Das kriegen wir geregelt! - Teil 1

Wie lässt sich nun all das gesagte auf eine Sendung wie Toto & Harry anwenden? Wie lässt sich trotz aller meiner Einwände das Konzept Gouvernementalität operationalisieren? Einerseits schwebt mir die Möglichkeit einer historischen Herangehensweise vor, die verdeutlichen könnte, dass es auch anders möglich wäre, dass man keine Polizisten bräuchte, weil es dann auch keine Delinquenten gäbe. Das ist natürlich unbefriedigend, weil die Polizei zwar auch anders möglich wäre, aber so ist, wie sie geworden ist.

Stattdessen möchte ich das erste Kapitel des Toto & Harry Buches ‚Das kriegen wir geregelt!’ (Hellblau Verlag, Essen; ohne Jahr!) anhand eines gouvernementalen Aspekts untersuchen: Wo wird hier aus dem Wissen um das, was ein ‚echter Kerl’ ist, eine produktive Praktik gemacht, und damit zugleich gesagt, dass ein guter Kerl ein guter Polizist ist und umgekehrt? Wie gesagt, möchte ich dies auf das erste Kapitel anwenden, um zu sehen, ob es funktioniert, und dann gegebenenfalls die anderen Kapitel anders bearbeiten. Auch meine Methode ist kontingent und könnte anders sein.

Das Buch im A3-Format hat 191 Seiten und ist in sieben Kapitel unterteilt. Die Texte sind in recht großer Schrift geschrieben und von vielen, oft doppelseitigen Bildern aufgelockert. Auf den ersten Seiten zeigt eine Karte von Bochum die wichtigsten Orte der Stadt und für Toto und Harry.

Das erste Kapitel beginnt mit der Beschreibung des Dienstbeginns, des Anziehens der Polizeikleidung und der Ausrüstung. Bereits auf S. 14 stellt Toto fest, dass man vor einem ordentlichen und gepflegten Polizisten mehr Respekt habe. (Vor ungepflegten habe man also mehr Angst?!) Da Harry beim Bund war, ist er besonders ordentlich (S. 16). Ordnung muss also sein, und ist Voraussetzung für einen guten Polizisten. Aber die Ordnung ist vielmehr eine Selbstordnung, denn schnell fällt auf, dass der Umkleideraum seit Monaten nicht mehr geputzt wurde, die Ausrüstung zum Teil privat finanziert wurde, und überhaupt der Staat kein Geld habe, für seine Angestellten ausreichend zu Sorgen. Trotzdem ist für Toto und Harry ihr Job eben mehr als Staatsdienst, weshalb sie gerne über solche Mängel hinweg sehen und ihre Aufgaben unermüdlich und dienstbeflissen erledigen: Sie arbeiten für ein höheres Ziel, nämlich Recht und Ordnung in Bochum! Diese Konstellation zieht sich durch das ganze Kapitel, und selbst der Amtsarzt hat seit 30 Stunden Dienst und arbeitet trotzdem noch konzentriert weiter. Schließlich geht es um mehr.

Dass es den Beiden unangenehm ist, Waffen zu tragen, soll sich von selbst verstehen. Aber man weiß ja nie. Es verwundert, dass trotz der Ablehnung von Gewalt – außer im Notfall – die Pistolen ‚SigSauer P6’ genau beschrieben werden: „Totos Waffe mit der Nummer 7440767 ist schon 24 Jahre alt, für neue fehlt auch hier das Geld.“ (S. 18) Sicherheit geht vor, nicht zuletzt aus Angst vor dem Unbekannten, das da kommen möge. Nur ein ordentlicher Mann hat Recht, und nur ein rechter Mann kann für Ordnung sorgen.

Abgesehen davon, dass Prostituierte im folgenden politisch inkorrekt als ‚Huren’ bezeichnet werden (S. 21ff.), funktioniert das Buch wie die Fernsehsendung, weil sie die Anwesenheit des Autors der Zeilen – dem Journalisten Frank Schneider – nicht verheimlichen, sondern in das Dispositiv der Sendung integrieren. Dieser Versuch, Authentizität zu schaffen, scheint angebracht. Auch deshalb werden Toto und Harry bei kleineren Delikten zwar als nachsichtig, bei Straftaten aber als unerbittlich dargestellt. VfL-Fans sind eben sowieso auf der guten Seite, da kann man mal ein Auge zudrücken. Letztlich sind aber alle Delinquenten einsichtig, niemand wagt, die Polizei grundsätzlich in Frage zu stellen.

Vielleicht hat auch einfach niemand Foucault gelesen.

Selbsttechnologien Medientechnologien

Projektarbeit für das Seminar Medientechnologien/ Selbsttechnologien, Prof. Dr. Eva Warth und Hanna Surma, an der Ruhr-Universität-Bochum, Wintersemester 2005/2006 - Sommersemester 2006

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